Der Wiedererkennungswert von Schweizer Grafik und die Erfolgsgeschichten der Schweizer Typographie: In diesem Beitrag blicken wir auf die Ursprünge einer regionalen Designsprache, die Entstehung von Helvetica & Co. und Entwicklungen seit den frühen Zeiten der Schweizer Plakatkunst.

Ähnlich wie bei Kochrezepten lässt sich auch bei einem Design erahnen, wo es seinen Ursprung hat. Schweizer Design hat eine lange Geschichte. Mit dem legendären Sparschäler «Rex» oder dem schon fast als Synonym für die Schweiz geltenden Taschenmesser spürt man die klassischen Schweizer Werte im Industrie- und Produktdesign – Handwerkskunst und Zuverlässigkeit in Kombination mit schlichtem Design. Das Konzept ist hierzulande so sehr im Alltag verinnerlicht, dass die raffinierten Produkte des hiesigen Industriedesigns fast als selbstverständlich wahrgenommen werden.

Inspiriert unter anderem durch den Einfluss moderner künstlerischen Bewegungen wie der De-Stijl-Bewegung oder dem Bauhaus, kam ab den 1920er-Jahren der Begriff «Swiss Style» auf. Funktionalismus und formale Qualitäten lagen im Fokus der Entwürfe; gute Lesbarkeit und Informationsvermittlung mit einer klaren und reduzierten Formsprache waren die Folge. Die reiche Tradition in Grafikdesign und Typographie konnte sich dank einer guten Wirtschaftslage und einem hohen Bildungsniveau über lange Zeit konstant weiterentwickeln.

1957 begann das Zeitalter der Schweizer Typographie. Schriften wie «Helvetica», «Univers» oder «Frutiger» wurden erfunden und schrieben innert kurzer Zeit weltweit Erfolgsgeschichte. Das MoMa in New York widmete der Kultschrift gar eine Ausstellung und sie ist Thema in Film und Literatur. Noch heute finden sich diese und andere Schweizer Schriften in unzähligen Design Manuals oder Logos und neue Schriften aus innovativen Schweizer Ateliers erobern weiterhin die Welt.

Über die Jahre etablierte sich auch die Faustregel, dass «gute Grafik» mit maximal zwei Schriftarten und möglichst wenig unterschiedlichen Schriftgrössen auskommen muss. Linksbündiger Flattersatz, geometrische Formen, Asymmetrie und eine klare Bildsprache. Und in Gedanken lag über jedem Entwurf die Struktur von Gitternetzlinien.

In den 1960er-Jahren begann diese Gradlinigkeit jedoch zu bröckeln. Angetrieben durch den Massenkonsum und die schnellere und vernetzte Kommunikation traten ständig wechselnde Reize in den Vordergrund. Expression, Dekoration, Assoziation und Intuition sind einige Schlagwörter zu neuen Ansätzen, die auf einmal in der Gestaltung Einzug hielten. Durch das Aufkommen von Computern in den 80er-Jahren wurde diese Entwicklung weiter verstärkt und bald kamen alle erdenklichen Effekte zum Einsatz.

Heute, nach dieser wilden Phase, entdeckt man in der Schweizer Grafik nach wie vor viel Präzision, Sorgfalt, Rationalität und Klarheit. Getreu nach dem Gedanken und einem bekannten Schweizer Sprichwort: «weniger ist bekanntlich mehr».

Falls du mehr über die Geschichte der Schweizer Typographie, Schweizer Grafik und Plakatkunst oder Industriedesign wissen möchtest, empfehlen wir folgende Lektüre:

  • 100 Years of Swiss Graphic Design von Lars Müller Publishers
  • 100 Years of Swiss Design von Lars Müller Publishers