Neu ist Neuromarketing gewiss nicht – es ist eher so alt wie die Psychologie selbst. Doch das Marketing ist der Schwarzgurt-Weltmeister darin, aus Altem etwas Neues zu machen. Deshalb widmen wir uns heute neun populären Neuromarketing-Konzepten und schauen, wo sie in deinem Marketingplan Anwendung finden.
1. Der Framing-Effekt
Wie bewirbst du dein Produkt am effektivsten in Bezug auf seine Vorteile? Natürlich probierst du, die Besonderheiten hervorzuheben. Du verkaufst beispielsweise Chips oder Müsli – Produkte, die normalerweise sehr fett- oder stark zuckerhaltig sind. Deine Produkte weisen nur 1 Prozent Fett oder Zucker auf. Eine super Sache! Doch schreibst du jetzt wirklich die kleine Zahl auf die Verpackung – und das Wort «Fett», das stark negativ besetzt ist? Nein, nimm die grössere Zahl und schreib «fettfrei». Das klingt definitiv besser. Die Art und Weise, wie du formulierst, kann das «Framing» deiner Kundschaft sofort beeinflussen oder, wie der Hobby-Psychologe an der Bar fragen würde: Ist das Glas halbleer oder noch halbvoll?
2. Die Illusion der Erschwinglichkeit
Kaufen tun die meisten von uns gerne. Warum? Die Konsumpsychologie führt zu dieser Frage gleich mehrere Antworten ins Feld. Eine davon ist, dass wir gerne besitzen. Das gibt uns Sicherheit. Doch was hält uns davon ab, das Kaufhaus täglich zu plündern? Tja – unser armes, aber sehr realitätsnahes Portemonnaie. Ein uralter Trick – aber so wirkungsvoll wie kaum ein anderer in dieser Liste – ist die Illusion der Erschwinglichkeit. Du schraubst also nicht an deinem Preis, zumindest nicht wirklich, sondern du stellst diesen einfach anders dar. Besonders einfach anzuwenden bei Abos. Erzähl deinem Kunden nicht, wie viel er im Jahr dafür bezahlt – sondern, wie viel es ihn pro Tag kostet. Eine Jahreskarte für eine Bibliothek kostet beispielsweise 350 Franken – aber pro Tag nur einen.
Ein wenig in diese Richtung spielen auch Produktkonfiguratoren. Gerade bei Autos hast du zu Beginn immer einen attraktiven Preis – und dann kommen die schönen Extras. Hier und dort ein paar hundert Franken mehr. Am Ende hat sich der Preis verdoppelt. Viel mehr, als du eigentlich ausgeben wolltest – und doch willst du es.
3. Die 3er-Regel (oder Schweizer Regel)
Billig ist schlecht und teuer ist gut. Das ist halt so, meinen viele von uns zumindest. Auch wenn die Realität bei näherem Hinsehen oft anders aussieht. Damit diese Entscheidung rascher fällt, kannst du es deiner Kundschaft einfacher machen. Biete eine dritte Option – in der Schweiz auch bekannt als «Schweizer Regel». Denn wir stehen doch gerne in der Mitte. Diesen Trick findest du besonders häufig in der Fast-Food-Gastronomie. Bei Starbucks zum Beispiel bekommst du Tall, Grande und Venti angeboten. Die meisten wählen die mittlere Variante – und somit auch die mit der höchsten Marge für Starbucks.
4. Der IKEA-Effekt
Self-Service und Individualismus sind grossartig, findet die Kundschaft. Gerade im Bereich der Mode wurden in den letzten Jahren enorm spannende Formate entwickelt. Beispielsweise bei Nike, wo du dir deine eigenen Schuhe designen oder individuell vollenden konntest. Die daraus entstandenen einzigartigen Modelle werden zu Höchstpreisen gehandelt und zum Teil sogar gesammelt. Der IKEA-Effekt kann aber auch anders eingesetzt werden, und zwar wenn dein Produkt nicht besonders hochwertig ist oder zumindest unterhalb der Qualität der Konkurrenz liegt. Dass dieser Effekt einen Firmennamen trägt, hat auch seinen Grund. Dass IKEA-Möbel immer selbst zusammengebaut werden müssen hat mehrere Gründe. Einer davon ist, wenn wir selbst Energie und Zeit investieren, wird unsere Wertschätzung höher. Lustigerweise reduziert derselbe Effekt bei Haushalten mit eigenen Gemüsegärten das Food Wasting. Selbst angebautes Gemüse wird weniger verschwenderisch weggeworfen.
5. Die Macht des Probierli
Was bringt es mir, wenn ich ab dem fünften Einkauf dasselbe Produkt nochmals geschenkt bekomme? Okay, gratis ist gratis und du nimmst es. Willst du aber ein Produkt launchen oder Neukunden gewinnen gib lieber ein Probierli ab. Wenn das Produkt überzeugt, kaufen es die Kunden wieder.
6. Der Kontrasteffekt
Der Mensch mag Vergleiche. Lustigerweise nie auf sich selbst 😉 aber bei allem anderen schon. Der Verfasser dieses Artikels hat seine Ausbildung in der Automobileindustrie gemacht. Wusstest du, warum clevere Occasion-Händler die absoluten Schrottkarren immer neben den Topshots parken? Ganz simpel, neben einem Top-Auto sieht auch der Fiat Cinquecento noch gut aus und geht bei einem vergleichsweise hohen Preis rascher weg. Auch im Luxusbereich wird dieser Trick angewandt. Eine Uhr für siebentausend Franken ist viel, doch steht dazwischen eine für fünfzigtausend Franken, wirkt die für sieben tausend Franken wie ein Schnäppchen.
7. Das Paradoxon der Wahl
Wie gesagt, wir lieben die Wahl, aber nicht die Qual der Wahl. Drei Angebote zur Auswahl sind absolut ausreichend. Bei mehr als 4 Angeboten besagen Studien, dass die Kunden und Kundinnen Mühe haben, sich zu entscheiden und sich im schlimmsten Fall sogar entscheiden gar nicht zu kaufen.
8. Der Verzerrungseffekt
Es gibt Unternehmen, die weigern sich, Rabatte zu geben. Hinter dieser Haltung steckt auch eine gewisse Strategie. Denn ein Preis kannst du immer reduzieren. Eine Erhöhung stösst ohne klaren Mehrwert bei der Kundschaft selten bis nie auf Akzeptanz und der Absatz wird zurückgehen. Falls du also schon einen Rabatt einführst, dann weise zumindest den ursprünglichen Preis und damit den tatsächlichen Wert deiner Ware aus.
9. Endowment-Effekt
Alles, was wir unser Eigen nennen, hat mehr Wert. Ist so! Unzählige Statistiken beweisen, dass Mietautos weitaus mehr Schäden aufweisen. Warum? Zum Eigenbesitz gibt man eben mehr Sorge. Oben erwähnt, haben wir bereits den "Probierli-Effekt". Der Endowment-Effekt weist Ähnlichkeiten auf, eignet sich aber besser für Dienstleistungen, die doch oftmals schwieriger zu fassen sind. Beispielsweise für einen Streamingdienst lohnen sich 30-tägige Probeabos. Denn nach 30 Tagen hat man sich an den zusätzlichen Service gewöhnt und diesen nun extra abzubestellen ... es sind ja eh nur CHF 15.- pro Monat. Also lässt man es sein und behält den Dienst.
Auch du willst dein Marketing einmal auf den gewünschten Neuroeffekt prüfen? Wir aktivieren gerne gemeinsam mit dir unsere Neuronenkapazitäten.








