Im Lieblingskaffee sitzen und einen Moccacino schlürfen, Sonnenbrille auf und ein gutes Buch auf dem Tisch. Zu lange ist es her. Wir sprechen mit Carla Frauenfelder, Geniesserin, Innovatorin und Kopf hinter Localholic und Creative Mornings Basel über die fehlenden, persönlichen Interaktionen, «Localismus» und wie weiter nach Corona.
Carla, wir kennen uns nun schon eine Weile. Du bist eine richtige Lebensgeniesserin. Wie fühlst du dich im Moment und was fehlt dir besonders?
Also mir fehlen die persönlichen Kontakte, die zu unseren Local Heroes. Denn nur in guten Gesprächen kristallisieren sich die spannenden Projektideen heraus, aber auch das gegenseitige Kennenlernen, Austauschen, das ist wichtig. Die Leidenschaft von jemandem zu spüren und mich dadurch anstecken und begeistern zu lassen, das macht Lust auf Neues. Das bleibt im Moment total auf der Strecke.
Du bist keine Pessimistin. Bei Creative Mornings bist du aktiv und beim letzten Talk drehte sich alles um den persönlichen Kontakt.
Ja (lacht), Dietmar Liebold hat uns als Berührungs-Experte spannenden Input über Sinn und Zweck des persönlichen Kontaktes und die Kunst dahinter geliefert. Auch das nächste Mal Zuschalten lohnt sich inklusive Kaffeetassen-Challenge!
Creative Mornings ist die weltgrösste Face-2-Face Kreativgemeinde mit monatlichen Anlässen in 211 Städten weltweit.
Nur noch wenige Wochen, dann dürfen wir (hoffentlich) wieder ein wenig mehr geniessen. Was denkst du, wie wird es sich entwickeln?
Ich glaube, es wird immer noch beide Lager geben wie jetzt. Die eher Vorsichtigen und diejenigen, welche sich schon sehnlichst nach einem Besuch beim Coiffeur freuen. Ich selbst sehe, dass viele Leute in den letzten Wochen nachdenklich geworden sind und über Sinn und Zweck nachdenken. Es gibt auch viele Leute, die sind besorgt und dann natürlich kaum unterwegs. Doch ich bin positiv eingestellt. Mit einem guten Mittelmass an Vorsicht und dem Willen, wieder vorwärts zu gehen, wird sich der Alltag sicher einpendeln.
Du bist wegen Localholic stark in Kontakt mit dem lokalen Gewerbe. Wie schätzt du dort die Gemütslage ein?
In meinem Umfeld sind viele Kleinbetriebe und auch Selbständige. Man ist momentan beschäftigt mit all den Formularen, Eingaben, Anfragen und hofft auf Unterstützung. Doch gleichzeitig spürt man, wie sehr einem sein Beruf, sein Unternehmen und die Selbständigkeit wichtig ist und man bereit ist, seine Energie darin zu investieren.
Du sagst es. Viele investieren jetzt noch mehr Zeit und werden erfinderisch. Gewisse wagen auch erst jetzt die Digitalisierung – Stichwort Onlineshop.
Onlineshops spriessen zur Zeit tatsächlich wie Pilze aus dem Boden. Per se nicht schlecht, aber die Plattform alleine wird nicht zu einer längerfristigen Kundenbeziehung führen. Meiner Meinung nach muss auch ein Erlebnis dahinterstecken. Gerade für kleinere, lokale Läden oder Dienstleister darf dieser Gedanke nicht untergehen. Es kommt die Zeit danach und bereits jetzt muss man vordenken und vorbereiten. Ich selbst werde inzwischen auch schon müde von den vielen «platten» Angeboten.
Doch alle hat zwei Seiten. Denn viele Konsumenten entdecken das Dorflädeli ums Eck, die Gemüsekiste vom Bauern oder eben die Metzgerei, wo es noch eine Scheibe zum Mitnehmen gibt. Ziel muss einfach sein, dass wiedergewonnen Kunden dann auch bleiben.
«localholic goes Bodensee» ist dein neues Projekt. In Basel schon bekannt und bald schon in Gottlieb am Bodensee. Erzähl!
In Gottlieb werden wir das erste Mal sesshaft und zwar mit einem eigenen Localholic Haus. In Basel funktioniert unser Konzept des Nomadenseins sehr gut. Wir besuchen oder treffen in Basel mit Gruppen Unternehmen und spannende Persönlichkeiten in ihren Ateliers, Werkstätten oder eben unterwegs. In Gottlieb sind wir in mehreren Gemeinden und dabei gibt es noch viel zu entdecken. Gleichzeitig schaffen wir mit unserem Haus ein Ort des Erlebens inkl. Kaffeebar und Coworking-Space. Es ist ein Ausprobieren, und darauf freue ich mich.
Und welche Localheroes findet man dort…?
Wir bieten natürlich auch in Gottlieb die sehr beliebten Entdeckertouren an. Beispielsweise bei einer Buchbinderin, einem Seidenatelier oder auch in einer Brauerei. Doch Gottlieb ist auch durch seine Lage ein Ort der Auszeit. Wir bieten hier ein Wassererlebnis an mit Kanus, Kajaks oder Stand Up Paddle’s.
Übrigens, falls du das neue Projekt unterstützen willst, kannst du das unter Crowdify tun.